Heute vor zwei Jahren endete die Spur 1 - Kleinserienfertigung aus Dassendorf. Fast ein halbes Jahrhundert Edelschmiede der Modellbaukunst, die am 31. März 1973 unter dem Firmennamen "Bockholt" begann.
Grund genug für eine Ehrerbietung und als Ausdruck meiner Wertschätzung der Familie einen Nachruf zu widmen. In diesem Sinne setze ich mein Doku über die Kultmarke fort.
In der deutschen Sprache gibt es das schöne Wort von der "Lichtgestalt". Da fällt mir beispielsweise Franz Beckenbauer ein. Auch die Modellbahn-Welt kennt Lichtgestalten. Von denen aber die meisten nicht mehr unter uns weilen. In der Spur 1 gebührt der Titel ohne Frage Egon Bockholt, der 2018 verstarb, aber ein gewaltiges Erbe hinterlassen hat.
Ein Fachjournalist brachte es damals in der traurigen Meldung auf den Punkt:
„Es war Egon Bockholt eine Herzensangelegenheit, sein umfassendes Wissen an seine Söhne Wolfgang und Jens weiterzugeben.“
Somit war der Firmengründer im Geiste noch immer präsent, ungebrochen bis zum Jahr 2022, als sich die Tore der Manufaktur für immer schlossen. Leider ist jetzt auch sein Sohn Jens am 12. März viel zu früh verstorben.
Mit ihren Modellen spielte Egon Bockholt mit seinen Söhnen in der höchsten Liga der Königsklasse.
Vor allem hatten sie ein gutes Gespür für gute Facharbeiter. Die Lokomotiven wurden von ausgesuchten und ihrem Handwerk verstehenden Mitarbeitern in der Manufaktur in Dassendorf produziert. Mit unglaublichem fachlichem Können und echter Handarbeit. Seit 1973 wurde hier die Spitzenklasse dessen gebaut, was möglich ist. Es brauchte Zeit und sehr viele Hände. Zu Recht, denn der Aufwand war immens.
Während die Modelle aus Asien heutzutage optisch fast perfekt sind, erkennt man hier noch eine menschliche Hand. Und es mag seltsam klingen, aber es hat, wie ich finde einen gewissen Charme.
Während sich die Detailierung, der Sound und der Geschmack im Laufe der Zeit ändern können, Bockholt war immer eine dauerhafte Konstante.
Überraschend sind dabei zwei Faktoren: Bockholt enthielt sich vieler scheinbar moderner Trends und markierte die Gegenbewegung und hat bis zum Ende recht behalten. Deutsche Wertarbeit, langlebig und unverwüstlich war der Markenkern. Das ist die Königsklasse. Das klassische "Design" vermittelt über Jahre hinweg etwas Bleibendes, auch wenn sich die Modellbahnwelt weiter verändert.
Egon Bockholt baute stetig weiter. Ein Pionier, bewundert und beachtet. Ein Konzept der Nachhaltigkeit, bevor der Trend überhaupt zu ahnen war. Für manche Fans waren seine Modelle unerschwinglich, andere mussten erst ihren Finanzberater fragen...
Auch wenn vor ca. 20 Jahren durch Kiss und KM1 die Preise für hochdetaillierte Modell aus Metall beständig purzelten, so fuhr Bockholt einen erfolgreichen Kurs im Hochpreissegment mit Produkten von hohem Alleinstellungswert.
In kritischen Zeiten kaufen die Menschen Gold. Als Wertanlage, als Garantie für Stabilität und sogar Zugewinn. Wer vor zwanzig, vielleicht sogar dreißig Jahren eine Bockholt - Maschine gekauft hat, der wird heute staunen, wie viel Geld weltweit Sammler für das gute Stück bereit sind zu zahlen. Vielleicht sogar mehr als die Anschaffungssumme. Die Spielregeln gelten noch heute. Wer Bockholt kauft, darf sich sicher sein, jeden Euro maximal sicher angelegt zu haben.
Modelle mit höchster Wertbeständigkeit. Viele davon sind legendär.
Wir reden über "Archetypen" und Legenden.
Und immer wieder die Wertbeständigkeit: Bockholt Modelle altern edel, wie ihre Besitzer
und sie steigen sogar im Wert. Die Profis nennen es eine "Win-Win"-Situation. Also einen Effekt mit doppelten Glücksgefühlen, für diejenigen, die eine Maschine ihr Eigen nennen dürfen.
Die Dassendorfer sind nie stehen geblieben, aber sie verfolgten stets eigene Wege. Fertigungen in Fernost? Natürlich nicht. Alles entsteht "Made in Germany".
Spannend war es, wenn die Familie Bockholt komplett allen Trampelpfaden auswich und eigene Konzepte wagte.
Manche schüttelten den Kopf, waren aber vom Ergebnis fasziniert. Der Magie der Lokomotiven tat die aktuelle Diskussion hinsichtlich Detailierung keinen Abbruch.
Wie eben auch Bockholt selbst eine Kultmarke von globaler St(r)ahlkraft ist.
Bockholt fühlte sich seinen Kunden und Fans maximal verpflichtet. Gab es einen neuen Trend – so wurde dieser hinterfragt. Das Firmenmotto: Keine Spielereien! Alles andere dafür in einer unfassbar hohen Qualität. Alles auf Maß zugeschnitten. Jeder Millimeter ist ein Heiligtum. Die "Anfassqualität", ohne das etwas abbricht und die Robustheit sind ohne Vergleich. Geradlinig und zeitlos. Auch ein Gegenentwurf zum inflationären Gebrauch akustischer Gimmicks und technischer Spielereien in der Modellbahnwelt, die oft viel versprechen, aber manchmal wenig bringen.
Bockholt ist gut fünf Jahrzehnte seiner Formsprache treu geblieben. Zudem galt das Vertrauen in schwere, massive Bauteile mit enormer Haltbarkeit. Man verwendete Materialien, die strengen Richtlinien unterlagen und nur aus ausgesuchten Quellen bezogen wurden. Jeder Prototyp musste sich auf der Anlage des MEHEV in Hamburg einem Belastungstest stellen. Weil damals noch "Made in Germany" einen exzellenten Ruf genoss. Genau diesen Mix aus höchster deutscher "Ingenieurskunst" und perfekter Verarbeitung zeichnet Bockholt Lokomotiven aus.
Bockholt verkaufte sich dezent wie "Schweizer Luxusuhren". So gab es auch keine Sonderangebote und Schnäppchen oder wurden Fahrzeuge verramscht. Auch das entsprach der gegenseitigen Wertschätzung. Bockholt war und ist die maximale Edelklasse, eine Versammlung von Geniestreichen – die präzise, aber nie laut in der Vermarktung sind und eine gewisse Wertstabilität garantieren. Und die Freude beim Fahren und dabei zuschauen bereiten.
Der Mix aus Vertrauen, Robustheit und überlegener handwerklicher Qualität ist bis heute ungebrochen. Dieser einzigartige, kompromisslose Qualitätsanspruch hatte sich die Firma bis zum Ende bewahrt.
Ich merke auch, dass die wenigen Fotos und die Sätze in diesem Beitrag an Grenzen stoßen. Die Faszination braucht die Live-Begegnung.
Das ist gelebte Geschichte und höchstes Spur 1 - Kulturgut. Die Besitzer von Bockholt Lokomotiven, ich gehöre nicht dazu, schätzen an ihnen, was kaum eine andere Marke aufbieten kann – Charisma.
Demnächst zeige ich weitere Meilensteine aus der 49-jährigen Schaffensperiode. Eigentlich dürften die Modelle nur in einem Tresor-Raum vorgeführt werden
!
Um Euch die Suche nach den Bildern nicht zu einfach zu machen, werde ich die Easter Eggs (darunter versteht man u.a. in Medien und der Informationstechnologie eine versteckte Überraschung. Dabei kann es sich um Fotos oder eine kurzweilige Unterhaltung handeln) in einem der nächsten Beiträge verstecken!
Also, Osterhasen aufgepasst!
Schließlich haben wir Ostern!
Schöne und erholsame Feiertage wünscht
Andreas