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Freitag, 18. September 2020, 21:52

... es geht voran... oder: geheimnisvolle Fracht in Küllenhahn

„Tach Burkhard!“. Der Kollege in der Lokleitung Wuppertal-Steinbeck begrüßt Burkhard V. (Name ist der Redaktion bekannt), als er nachmittags zur Spätschicht erscheint. „Hallo, wat haste denn heute für uns?“ antwortet dieser. Burkhard ist seit seiner Lehrzeit bei der Bahn und seit einiger Zeit als Lokführer beim Bw Wuppertal-Steinbeck tätig.
„ heute keine Überraschung: Üg 67002 nach Küllenhahn. Oder doch. Aber das kann Dir Dein Rangierer erzählen.“
Burkhard bekommt Schlüssel und Papiere und macht sich auf den Weg in die Lokhalle von Steinbeck. 260 und 212 wo man nur hinschaut. Heute wird er die 260 568-1 fahren, die noch warm von der Frühschicht vor der Halle steht.
Kurzer Check aller Betriebsmittelstände, Rundgang um die Lok. Vor allem die Sandkästen müssen auf dem Weg nach Wuppertal-Küllenhahn immer voll sein. Schließlich geht’s 1:40 hinauf und zurück sollte man auf gute Bremswirkung bedacht sein. Kurzes Vorglühen, dann geben die 12 Zylinder des Maybachs vernehmlich Laut. Burkhard meldet sich über Rangierfunk beim Rangierleiter auf dem Stellwerk R2: „Düddeldi düddeldi düt, krrck….Hier Lok für Üg67002 in Gleis 83. Ich muß na Gleis 73 mein Zuch übanehmn. Krrck“ „Mensch Burkhard, alte Socke, bist Du dat? Kein Problem, mach’ ich fertich. Komm ma voa bis meine Hütte, ich geb’ Dir dann Zeichen“. Burkhard schaut, ob die ortsgestellten Weichen richtig liegen, lässt die 260 anrollen und kommt mit leisem Knurren vor dem Stellwerk R2 zum Stehen. Der Rangierleiter steht schon am Fenster: „ Dä Kollege is schon daa. Kannze gleich rübafahn“ Er macht eine Bewegung waagrecht mit der Hand. Burkhard nickt zum Zeichen, dass er verstanden hat und gibt noch mal kurz Füllung. Der Weg ist nicht weit, er sieht schon seinen Rangierer am Pwg stehen und winken. Mit einem leisen „pöff“ stoßen die Puffer von Lok und Pwg aneinander, der Rangierer wirft den Kupplungsbügel über den Haken „klöter“, verbindet die Schläuche, öffnet die Bremshähne und dreht die Kupplung an. Sie verständigen sich per Zeichen für die erforderliche Bremsprobe. „Wir können sofort los, wenn wir wollen“ ruft er Burkhard beim raufklettern auf die Lok zu. Es ist halt doch schöner, wenn man zu zweit auf der Lok fährt; der Pwg ist halt nur zum Mitführen von „notwendigen Utensilien“ mit am Zug. Diesmal wählt Burkhard einen anderen Kanal auf dem Rangierfunk um den Zugleiter auf Ef, dem großen Zentralstellwerk in Wuppertal-Elberfeld zu erreichen: „Diddeldi Düt, Krrck, - - Hier Üg67002 in Gleis 73. Wir sinn dann fetich füa die Faht na Küllenhahn, Krrck“ „Hier Zugleiter Elberfeld. Verstanden. Üg67002 darf bis Küllenhahn. Ausfahrt auf Signal P23.“ Auf P23 kommt schon das Hp2 und Burkhard lässt sein „Dreirad“ antraben. Es geht über etliche Weichen in das Richtungsgleis Wuppertal-Cronenberg und dann fängt auch schon die 1:40 Steigung an. Burkhard gibt ordentlich Füllung, aber mehr als 50 darf er sowieso nicht auf dem „Samba“.
„Wat ham wia denn heute dran? Dat waan doch nua enn paa Wagen, warum is dat denn so schwea?“ Sein Rangierer schaut in die Wagenpapiere und zählt auf: „na, da sinn enn paa Wagen füa Ernenputsch, leere Fz füa Triches, aber hiea, dä Ks Wagen, da is enn bisken Gewicht drauf.“

„Komisch, een Wagen und dann so schwea?“
Mittlerweile sind sie in Boltenholz angekommen. Sie stellen einen leeren E-Wagen für die Forstverwaltung Burgholz zu.

„Ich muß mir ma den Ks Wagen ankucken. Dat gibbet doch gaa nich!“ Burkhard klettert auf die Bühne von Pwg und schaut rüber auf die Ladefläche des Kbs. „ Hhm, enn paa Stangen un so komische Blöcke. Sinn die aus Gold?“ „Nää, dann wär hier bestimmt die Polizei mitgefaahn!“.

„Los komm!“ hört er seinen Rangierer, „wia müssn weita. Sonns blockieren wia die Strecke unnötich lang!“
Gut, Burkhard klettert wieder auf seine Lok und lässt die Fuhre weiter bergauf fahren. Es geht nicht mehr so steil aufwärts und ruck-zuck sind sie in Wuppertal-Küllenhahn. Dort empfängt sie der örtliche Aufsichtsbeamte einigermaßen aufgeregt: „los Leute! Macht mal hinne! Der Ks Wagen soll sofort an die Rampe hier vorm Güterschuppen. Ich hab schon nen Anruf gekriegt, wo denn die Ladung bleibt. Davor sollen aber noch die Wagen mit dem Stückgut!“
Na, denn! Burkhard und sein Rangierer sind ein eingespieltes Team und so stehen die Wagen nach wenigen Bewegungen an ihren befohlenen Platz.

Nun nehmen Burkhard und sein Rangierer aber die merkwürdige Ladung auf dem Kbs Wagen erstmal von der Rampe aus in Augenschein.
„kumma hiä, da steht sogaa wat drauf!“ „Jau, VK Zwölf kann ich entziffern. Un die Stangen da kommen mir irgendwie bekannt vor.“ „Genau. Un hier steht: Ws6-68. Wat soll dat denn sein?“

Kaum sind die beiden in ihren Betrachtungen vertieft, kommt auch der öA wieder an. „Ihr müsst mir bitte noch den Bahnhof aufräumen! Die Jungs gestern haben dat nich so ordentlich gemacht“. Also gut, an die Arbeit: beladene Wagen vom Vortag einsammeln und zusammenstellen, die neuen Leerwagen so platzieren, dass sie gut beladen werden können. Und dann noch die beladenen Tims unter den Kran fahren. Dazwischen noch mal einen Schienenbus kreuzen lassen.

Nach gefühlten anderthalb Stunden ist alles soweit und die Rücktour kann beginnen. Kurz noch die Fahrt zurück nach Steinbeck beim Zugleiter anmelden: „Diddeldidütt, Krrck. . . Üg67003 in Küllenhahn. Daaf Üg67003 nach Steinbeck? Krrck“ „Krrck. . Hier Zugleiter Elberfeld. Üg67003 darf bis Wuppertal-Steinbeck. Krrck“ „Verstanden! Wiederhole: Üg67003 nach Steinbeck“ „Richtig“ Diesmal ist Burkhard nicht so lax mit seinen Meldungen. Es geht schließlich wieder in Richtung „große, weite Welt“ und da ist ein bisschen mehr Verkehr als auf dem Samba!
„schöön’n Feiaabnd!“ rufen Sie noch zum öA und Burkhard braucht nur einmal kurz beschleunigen. Zurück geht es nur bergab und er braucht nur den Geschwindigkeitsmesser im Auge behalten.

Zurück in Steinbeck werden die Wagen im Aufstellgleis abgehängt und dann auf ihre weiteren Ziele verteilt. So geht diese Schicht auch zu Ende und die „merkwürdige“ Fracht ist schon vergessen…


Fortsetzung folgt…
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BD Wuppertal


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2

Freitag, 18. September 2020, 22:45

Sehr schön geschrieben. Da fühlt man sich doch gleich mittendrin...

3

Samstag, 19. September 2020, 07:05

Moin moin nach Wuppertal,

sehr gut beschriebener Betriebsablauf!! War ein paar Minuten vollkommen in Deiner Welt, passend dazu Fahrzeuge und tolle Umgebung. Super!!

Gruß Erwin

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4

Samstag, 19. September 2020, 08:19

Moin Martin,

Rundum gelungener Thread, da passt alles wirklich zusammen!

Dazu noch deine „Gartenbahn“ und die sehr schönen Fahrzeuge dazu...toll

Schönes Wochenende und Gruß
Andreas

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5

Samstag, 19. September 2020, 08:30

Hallo,
ich finde das ist ein sehr interssant zu lesender Einblick in das Berufsleben von Eisenbahnern.
Wobei ich mich z.T. etwas schwer getan habe das "Platt" bzw. den Dialekt richtig zu "übersetzen" ins Hochdeutsche. ;)
Das gehört nun mal dazu wenn man(n) in der Gegend aufgewachsen ist .
Sehr schön geschrieben und auch ausgedacht.
Was mich auch besonders fasziniert hat sind die authentisch patinierten Wagen und das "Dreibein" BR 260.
Vorallem die Nahaufnahmen sind klasse wenn man nicht wüsste das dies Modelle sind könnte man meinen das wäre die Bahn in 1:1.
Und dazu der Zug in der schönen Umgebung einfach passend.
Viele Grüße und immer Hp1 oder 2 auf der Moba...
Michael

Dampffreund

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6

Samstag, 19. September 2020, 10:49

geheimnisvolle Fracht

Hallo,
ich muss sagen, tolle Fotos. Sieht sehr sehr echt aus.
Und am Besten hat mir der kleine "Tiger" auf dem Foto gefallen. Offensichtlich ebenso begeistert wie verwundert.
In der Sonne macht man die besten Fotos! Und gealterte Fahrzeuge sehen eben realistischer aus.
Weiter so!
MfG
Der Modellbauer mit Herz
R.Otahal

www.modellbau-mit-herz.de

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7

Samstag, 19. September 2020, 12:44

Sehr gut erzählt und noch besser fotografiert! :thumbup:

Besonders stach mir der wirklich passende Schotter ins Auge. Was wurde da verbaut, vom welchem Hersteller?
Gruß Dirk
Viel Grüße vom Luftkurort Breckerfeld!

8

Samstag, 19. September 2020, 23:56

geheimnisvolle Fracht Teil 2

Moin,
vielen Dank für den positiven Zuspruch! Es freut mich, daß es Euch gefällt. Bei so einem Wetter macht es natürlich doppelt Spaß. Die Arbeiten von Michiel & Co wirken sich natürlich positiv auf das Gesamtbild aus. Und ganz nebenbei: an diesem Spiel waren jetzt incl. der 260 ganze 11 Fahrzeuge beteiligt. Mehr brauche ich eigentlich nicht um glücklich zu sein...
(da war die Frage nach dem Schotter: da ich recht große Mengen benötige und das im Garten zudem ein Verbrauchsmaterial ist, habe ich mich bei Baustoffhändlern nach passendem Split umgeschaut. Verwendet ist hier Basalt 1-3 von Hagebau. Ist zwar eigentlich etwas zu grob, aber als Gartenbahner muß man auch Kompromisse eingehen können...)

Aber zurück zur Geschichte und der Auflösung der Frage: was ist das für eine Ladung auf dem Kbs? Die Kundigen werden es wohl schon wissen, Hinweise gab es ja einige. Aber hier gehts weiter:

Am nächsten Tag früh morgens klingelt ein Mann Sturm im Büro vom öA in Küllenhahn.
„Ich hab’ nen Anruf bekommen, dass unsere Ladung da is…“ „junger Mann, nu sein se ma nich so hektisch. Ja, dee Ks Wagen mit Ihrer Fracht is gestern gekommen.“
„Kann ich die sofort mal sehen?“ „ na, ersma die Papiere hier gegenzeichnen un dann können Se machen, wat se damit wollen. Abba ich sach Ihnen gleich: dä Wagen muß bis 13:00 entlaaden sein!“

Gesagt getan und so schaut sich der „junge Mann“ die Sachen mal aus der Nähe an:

Vk12, Vkl8, Skb3a, Abo2a, Ws6-68. und die Stange Stg14. Alles da! Sehr schön! Und gut sieht es auch noch aus.
Das sind:
das Verschlußstück VK12, die VerschlußklammerVkl8, der Starrfettkopfbolzen Skb3a, der Anschlagbolzen Abo2a, die (Spezial-)Weichenschraube Ws6-68 und die Schieberstange Stg14. Zusammen mit ein paar Muttern ergibt das:

einen funktionsfähigen Klammerspitzenverschluß für eine Modellweiche in 1:32!
(im Bild oben sind die beschriebenen Einzelteile noch am Gußbaum.)

Da werden sich die Hosenträger Kunden aber freuen!

Alle Kunden, die einen oder mehrere bestellt haben, bekommen in den nächsten Tagen Post mit einer Rechnung und dann können diese schönen Teile ihrer Bestimmung zugeführt werden. Alle unsere Weichen sind bereits vorbereitet für den Einbau, so daß die Einzelteile nur vom Gußbaum abgetrennt, versäubert und farblich behandelt werden müssen und schon kann eingebaut werden. Und dann sind die Zungen auch vorbildentsprechend gegen unbeabsichtigtes Ablegen von der Backenschiene gesichert. Und: dieser Verschluß ist (wie im Vorbild übrigens auch) auffahrbar.

Hier ein paar Bilder von eingebauten Vorserienteilen:

eingebautes Verschlußstück mittels zweier Weichenschrauben Ws6-68

fertig zusammengebaut; die Verschlußklammer ist aus dem Verschlußstück ausgetreten und durch den "dicken" Teil der Stange gegen weitere Bewegung gesperrt. So wird die Zunge fest gegen die Backenschiene gehalten und kann nicht klaffen.

Hier in voller Pracht. Mehr davon demnächst im nächsten EK Special!

Wer schon mal ein bisschen schnuppern möchte, wie die Teile funktionieren, sei auf ein kleines Youtube Video verwiesen:
https://www.youtube.com/watch?v=tsehYisPM6g
https://www.youtube.com/watch?v=5npZoi_2JwU

Vielen Dank!

Martin Meiburg
der Fdl Klh vom Samba
Im Auftrag für die Hosenträger Rail Systems GmbH

(PS: deswegen steht dieser Beitrag in der Rubrik "Werbung"; was aber nicht heißen soll, daß mir die Geschichten vom Samba ausgehen werden...)
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